Durch den Herpesvirusausbruch in Valencia möchten viele unserer Patientenbesitzer wissen, ob ihre eigenen Pferde in Gefahr sind und welche Möglichkeiten es gibt, ihre Pferde zu schützen. Die Pferdepraxis Andreas Köster hat deswegen im Folgenden einige Informationen für Sie zusammengestellt:
Krankheitsbild
Das Equine Herpesvirus kann beim Pferd verschiedene Krankheitsbilder hervorrufen, abhängig vom Subtyp des Erregers, aber auch vom individuellen Verlauf bei dem jeweilig infizierten Pferd.
Eine Ausprägung betrifft vor allem den oberen Atmungstrakt (respiratorische Form), eine andere verursacht einen Spätabort (totgeborenes Fohlen meist zwischen dem 7. und 10. Monat) bei Stuten und bei einer Ausprägung kommt es zu Schäden im Nervensystem (ZNS-Form, lebensbedrohlich, wie aus Valencia bekannt).
Einmal Herpes – immer Herpes
60 - 80 % der Pferdepopulation hatten in ihrem Leben schon einmal Kontakt mit einem Equinen Herpesvirus und sind latenter Träger, das heißt das Virus‚ schlummert im Körper und kann durch verschiedene Ursachen auch wieder reaktiviert werden. Es gibt keine Möglichkeit, ein einmal infiziertes Pferd wieder frei von Herpesviren zu bekommen. Eine durchgemachte Infektion ruft eine temporäre Immunität vor einer Neuinfektion hervor, diese bleibt aber leider nur ca. 8 Monate belastbar.
Übertragung
Um eine Herpesvirusinfektion von einem Pferd auf das andere zu übertragen, muss direkter Kontakt zwischen einem infizierten und gerade auch Virus ausscheidenden Pferd und einem anderen Pferd bestehen, es handelt sich um eine Tröpfchen-/Schmierinfektion. Sekrete, die Herpesviren enthalten, und z.B. an Putzzeug oder Kleidung anhaften, können auch von einem Pferd zum anderen getragen werden und so die Infektion verbreiten.
Die Ansteckungsgefahr wird vom Infektionsdruck der Umgebung bestimmt, das heißt, je mehr Viren vorhanden sind und je schlechter das Immunsystem eines Pferdes ist, umso höher die Gefahr einer Infektion. Equine Herpesviren werden nicht durch die Luft übertragen und Abstand halten (wie wir es auch von COVID-19 kennen) ist eine sehr gute Präventionsmaßnahme (wenn man z.B. im Gelände auf fremde Pferde trifft, keinen Nasenkontakt zulassen und mindestens 2 m Abstandhalten).
Symptome
Die Inkubationszeit (Zeit zwischen der Infektion und dem Auftreten klinischer Symptome) beträgt für Equine Herpesviren zwischen 2 und 10 Tagen. Eine Infektion ist vor allem an einem Anstieg der Körpertemperatur zu erkennen (normale Körpertemperatur eines Pferdes ist unter 38,2 °C).
Im Gegensatz zu einer Infektion mit Equinen Influenzaviren, zeigen mit Equinem Herpesvirus infizierte Tiere oft keine starke Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens und auch weniger Nasenausfluss, weswegen komplikationslos verlaufende Infektionen oft unbemerkt ablaufen.
Die Fieberphase kann mehrere Tage andauern, oder auch nach kurzer Zeit bereits wieder beendet sein. Infizierte Pferde scheiden das Virus allerdings bis zu 12 Tage aus und können in diesem Zeitraum andere Pferde anstecken.
Das Auftreten der gefürchteten neurologischen Form findet meist in einem späteren Zeitraum der Infektion, am Ende der Virämie (Virusvermehrung im Blut) und bei wieder abgesunkener Körpertemperatur, statt, kann aber auch zu einem früheren Zeitpunkt auftreten.
Symptome der neurologischen Form sind eine Unkoordiniertheit (Ataxie) der Hinterhand, ein nicht Absetzen können von Urin (Blasenlähmung) und Schwierigkeiten beim Kopf absenken. Wenn ein Verdacht einer Equinen Herpesvireninfektion besteht, sollte das verdächtige Pferd unbedingt von anderen Pferden isoliert werden. Pferde, die Kontakt zu dem verdächtigen Pferd hatten, sollten von anderen Pferden abgetrennt und zweimal täglich auf Fieber kontrolliert werden. Strenge Hygienemaßnahmen sind einzuhalten. Gerne unterstützen wir Sie bei der Erstellung eines entsprechenden Hygienekonzepts!
Diagnostik
Durch eine PCR-Untersuchung eines Nasentupfers steht uns eine schnelle und sichere Diagnosemöglichkeit zur Verfügung (Ergebnis meistens innerhalb von 24 Stunden). Auch über gepaarte Serumproben (Blutuntersuchung mit einem zeitlichen Abstand) kann über einen Anstieg des Antikörper-Titers eine Infektion diagnostiziert werden.
Wenn Sie den Verdacht einer Herpesvirusinfektion haben, kontaktieren Sie bitte sofort Ihren Tierarzt!Wie kann ich mein Pferd schützen?
Um Ihnen die Angst zu nehmen, wollen wir betonen, dass das Risiko einer Infektion eines Pferdes mit der nun in Valencia aufgetretenen Variante des Equinen Herpesvirus einen entsprechenden Infektionsweg voraussetzt – also Kontakt zu einem infizierten Pferd oder Übertragung durch infektiöse Sekrete durch Material oder Personen, die Kontakt mit einem dieser infizierten Pferde hatten. Dieses Risiko ist bei den meisten Ställen in unserem Kundenkreis also relativ gering.
Trotzdem kommt es in Deutschland, unabhängig von Valencia, mehrmals jährlich zu Ausbrüchen des Equinen Herpesvirus in Pferdebeständen und wir erachten die Impfung gegen das Equine Herpesvirus als sinnvoll!
Diese Ausbrüche können durch Einschleppung des Virus durch Infektionen von Pferden außerhalb des Stalls (z.B. beim Turnierbesuch) verursacht werden, aber auch von der Reaktivierung einer Infektion in einem latent infizierten Pferd (wie oben beschrieben sind deutlich mehr als die Hälfte aller Pferde latent infiziert!).
Eine Impfung gegen das Equine Herpesvirus ist vorwiegend(!) als Bestandsimpfung sinnvoll (also wenn der überwiegende Teil eines Bestandes geimpft wird / Herdenimmunität) und es muss deutlich gemacht werden, dass auch gegen Equines Herpesvirus geimpfte Pferde an der neurologischen Form der Herpesvirusinfektion erkranken und daran sterben können!
Eine Bestandsimpfung sorgt allerdings dafür, dass der Infektionsdruck niedrig gehalten wird, weniger Pferde erkranken und weniger Pferde im Falle eines Ausbruchs versterben!
Eine Impfung von Pferden, die z.B. auf Turnieren viel Kontakt mit anderen, stallexternen Pferden haben und deshalb auch ein erhöhtes Infektionsrisiko, ist auch außerhalb einer Bestandsimpfung sinnvoll, da eine Impfung zwar nicht sicher vor einer Infektion schützt, aber im Falle einer Infektion die Menge des ausgeschiedenen Virus vermindert wird und somit der Infektionsdruck für andere Pferde gesenkt wird.